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Dr. Sven Friedrich
Ich

Wenn man sein Hobby, seine Neigungen, Interessen und Leidenschaften zum Beruf machen kann, dann ist das Fluch und Segen. Fluch, weil es oft nicht leicht fällt, Arbeits- und Privatleben zu unterscheiden und damit die immer wieder nötige, intellektuelle wie emotionale Distanz Gefahr läuft, allzu oft unterschritten zu werden. Ein Segen – und das wiegt bei weitem schwerer –, weil man Arbeit und berufliche Tätigkeit selten als Last empfindet.

Als ich 1993 mit eben mal 30 Jahren nach Bayreuth kam, um die Leitung des Richard-Wagner-Museums mit Nationalarchiv und Forschungsstätte der Richard-Wagner-Stiftung in Wagners Wohnhaus Wahnfried, des Jean-Paul-Museums und des just in diesem Jahr zu eröffnenden Franz-Liszt-Museums in Liszts Sterbehaus zu übernehmen, war mir das Glück widerfahren, eine bereits über 10 Jahre in mir schlummernde Berufung auch in realer beruflicher Realität und Tätigkeit leben zu können.

„Ohne Musik wäre das Leben ein Irrtum“, hat Friedrich Nietzsche einmal gesagt. Nun, für das meine trifft das allemal zu. Auch wenn es für deren praktische Ausübung mangels handwerklicher Begabung und Zutrauens nicht gereicht hat. Jedenfalls war ich vielleicht begabt, aber beim Klavierüben letzten Endes wohl doch zu ungeduldig und zu wenig übungsfleißig als das eine über bloßes Dilettieren hinausgehende Musikerkarriere in Reichweite gelangt wäre.

Doch die Begegnung mit der Musik, der Literatur und dem Theater hat mich für eine kaufmännische oder juristische Karriere ruiniert, auch wenn ich im Tagesgeschäft heute manchmal denke, dass mir das Wissen um juristische Zusammenhänge mehr nützen würde als das um die Schönen Künste. Gleichwohl folgte ich dem Wunsch meiner Eltern und absolvierte nach dem Abitur zunächst eine Banklehre, um wenigstens „was Anständiges“ gelernt zu haben, bevor ich mich etwa in die Abgründe der Brotlosigkeit in der Welt der Kunst stürze.

In der Bank wurde ich glücklicherweise zwar nicht zum begeisterten Handwerker des Finanzgeschäfts, sondern vielmehr halfen mir die beiden Jahre zur nachhaltigen Einsicht in die Fragwürdigkeiten dieses Gewerbes und demnach meiner vollständig mangelnden Eignung zu demselben. Aber auch dergleichen ist ja wertvoller Erkenntnisgewinn.

Wie für Thomas Manns Tonio Kröger galt auch für mich: „Damals lebte sein Herz. Sehnsucht war darin und schwermütiger Neid und ein klein wenig Verachtung und eine ganze keusche Seligkeit.“ – Das war der Boden, auf dem der Einfluss der Musik – der romantischen zumal – und der Ausdruckskunst des Theaters nur allzu gut gedieh. Mangels Neigung zur Pop-Musik geriet ich beim Durchforsten des elterlichen Plattenschranks zunächst vor allem an Beethoven, Schumann und Tchaikovsky, deren „tönendes Schweigen“ mir bereits beredt machten, wofür die Worte fehlen. Als dann mit Wagner der „Orpheus alles heimlichen Elendes“ (Nietzsche) ebenso in mein Leben trat wie kurz darauf auch Bruckner und Mahler, die Titanen der Symphonie, offenbarte sich mir eine neue, faszinierende, heimlich-unheimliche Welt, die zu ergründen und zu verstehen mich antrieb wie kaum etwas anderes. Ich wollte wissen, was es war, das mich so zutiefst erschüttern konnte und so las und las ich – und begann so allmählich die naive Unschuld der Begeisterung zu verlieren, aus deren Paradies ich mich nach den Genüssen von verschiedenen Bäumen der Erkenntnis schon bald vertrieben fand.

Die Besuche vor allem des Hamburger Thalia-Theaters, damals noch unter Boy Gobert, und die Begeisterung für die Schauspielkunst infizierten mich nicht minder und führte mich schließlich zu dem Wunsch, Schauspieler sein zu wollen, der mir glücklicherweise bei einem Vorsprechen an der Hochschule für Musik und darstellende Künste in Hannover freundlich aber bestimmt ausgetrieben wurde, denn gewiss lag meine Begabung hier genau so wenig wie in der praktischen Ausübung der Musik.

So gelangte ich nach dem glücklichen Ende meiner Banklehre nach München an die Ludwig-Maximilians-Universität zum Studium der Theaterwissenschaft, Neueren deutschen Literatur und Kommunikationswissenschaft. Hier fand ich mich in meinem Element – und hatte das Glück, noch vor Bologna, kurrikularem Irrsinn und dem Fetisch ökonomischer Nutzanwendung Bildung als tatsächlich universale Erfahrung zu erleben, die nicht an den Türen der Hör- und Lesesälen endet, sondern sich auf das Werden des ganzen Menschen und seiner Persönlichkeit bezieht.

Ebenfalls in das Jahr 1984 fiel mein erster Besuch der Generalproben zum „Ring des Nibelungen“ bei den Bayreuther Festspielen, denen beizuwohnen ich die Gelegenheit erhielt. Es sollte die nach der Geburt meiner beiden Zwillings-Söhne Moritz und Lennart 1998 intensivste und folgenreichste Erfahrung werden, die mir wie ein wahrhaftiges Offenbarungs-Erlebnis erschien und mir zum Menetekel meiner Bestimmung wurde. Dass sich diese keine 10 Jahre später erfüllen sollte, hätte ich damals jedoch für vollkommen unvorstellbar gehalten.

So war das Befassen mit Wagner ganz natürlich, ja zwangsläufig der Schwerpunkt meines Studiums. Bereits hier entstand eine ganze Reihe von Arbeiten zu meinem Lebensthema. Auch die Zulassungsarbeit zu meinem Magister-Examen und meine Dissertation, die ich bei meinem Doktorvater Hans-Peter Bayerdörfer schrieb, konnte nur Wagner zum Gegenstand haben. Gleichwohl war es für mich beinahe ein Schock, als meine eher aus Übermut und aufgrund einer freundlichen Empfehlung meines wichtigsten Lehrers und Mentors Oswald Georg Bauer, der lange Jahre als Pressechef der Bayreuther Festspiele und später als Generalsekretär der Bayerischen Akademie der Schönen Künste tätig gewesen war, völlig wider jedes Erwarten – zumindest meinerseits – erfolgreich war und mir die Stelle angeboten wurde, von der ich mir niemals hätte träumen lassen, dass ich sie einst bekleiden würde.

Inzwischen bin ich 18 Jahre in Bayreuth und habe damit meine oberfränkische Volljährigkeit erreicht. Ich verdanke meiner Arbeit – bei allen normalen Widrigkeiten – viele Glücksmomente und mich sehr berührende und prägende Begegnungen. Vor allem aber gestattet sie mir abseits vom akademischen Universitäts-Betrieb das fortgesetzte Befassen mit dem Erbe Richard Wagners an dessen prominentestem Ort und die Vermittlung dessen, was mich zutiefst berührt und geprägt hat, in den verschiedensten Formen, damit auch anderen Menschen zu Teil werde, dass das Leben ohne Musik ein Irrtum ist, mit ihr aber Sinn und Glück erfahren kann wie sonst nur durch weniges.

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